LVZ: Segeln zum Anfassen

Am 4. Juli 2005 berichtete die LVZ zum Volvo Champions Race am Cospudener See:

Segeln zum Anfassen

Leipzig. “So sieht die Zukunft des Segelns aus.” Der Satz war an den vier Tagen der Volvo Champions Race am Cospudener See oft zu hören. Auch von Rodion Luka, in der 49er Klasse Olympiazweiter von Athen und nach zehn Wettfahrten auch Sieger von Leipzig. “Das Segeln muss zu den Leuten kommen, das war hier ideal”, schwärmte der Ukrainer.

Weil der Kurs ganz in Ufernähe des Nordstrandes lag, konnten sie Rennen und Manöver “hautnah” verfolgen, zum Teil sogar Kommandos verstehen – in einer Sportart, die sonst auf hoher See unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, ein revolutionäres Konzept. “Wir leisten Pionierarbeit” meinte der Kieler Johannes Polgar (7. bei den Tornados). Die Athleten sind von der ungewohnten Nähe zu den Zuschauern durchgängig begeistert. “Es gab hier Jubelrufe und Beifall, das kennen wir sonst nicht”, sagte Nico Delle-Karth aus Österreich, Zweiter bei den 49ern.

Auch die Zuschauer (die Veranstalter zählten insgesamt 24.000) äußerten sich zufrieden. Strahlend verfolgte der derzeit beurlaubte Leipziger Sportbürgermeister Holger Tschense (“Ich bin privat hier!”), von den Organisatoren wegen der guten Zusammenarbeit hochgelobt, die Rennen. “Eine der wenigen Veranstaltungen, die der Stadt keinen Cent kosten, im Gegenteil sogar viel bringen.”

“Es war mein erster Kontakt mit der Sportart, ich bin begeistert. Das war guter Sport, aber auch Unterhaltung war da, das Feuerwerk ganz toll”, freute sich die Leipzigerin Ines Krause. Am besten sei aber der direkte Kontakt zu den Athleten gewesen. “Nette Kerle, kein Problem, mit ihnen ins Gespräch zu kommen.”

Die Zuschauer nutzten die Kontaktmöglichkeiten zur Weltklasse weidlich: “Ich musste Autogramme schreiben, unzählige Fragen beantworten, für Fotos posieren. Einer schenkte mir sogar am nächsten Tag Bilder”, berichtete Johannes Polgar erstaunt. “Wir sind super happy hier. Aber ich hab auch im Hinterkopf, was wir bei richtigem Wind hätten zeigen können.”

Die allgemein gute Stimmung – am Tage wie auch bei den Partys am Abend – konnte auch nicht trüben, dass die beiden letzten Wettfahrten wegen Flaute gestern Mittag abgesagt werden mussten. Am Vormittag blies der Wind noch vernünftig, dann ruhte der See.Trotzdem hat Cospuden die Bewährungsprobe als Regatta-Revier bestanden. “Fürs Wetter kann keiner was.Bei der Kieler Woche konnten wir von fünf Tagen nur an zwei segeln”, erzählte Polgar. “Das Revier hier ist toll, es gibt keine Berge, die den Wind abhalten. Ehrlich gesagt, hatte ich Leipzig bisher nicht mit Segeln verbunden. Nun bin ich echt überrascht.”Überrascht war er nicht allein. “Wir hatten in unserem Atlas gar keinen See bei Leipzig gefunden”, gestand Nico Delle-Karth.”Dann sagte jemand, das sei mal ein Tagebau gewesen. Aber wir sehen nichts vom Bergbau, nicht mal einen Bagger. So schön hatte ich mir das nicht vorgestellt.”

In den Chor der allgemeinen Begeisterung stimmte auch Thomas Hanel ein, Mitglied der Geschäftsführung von Volvo Deutschland und “Big Boss” vor Ort. “Es ist gut gegangen, wir sind sehr zufrieden”, resümierte Hanel. “Wir hatten Donnerstag und Freitag Pech mit dem Regen, der hat die Zuschauer abgehalten. Aber am Wochenende sind die Leute geströmt. Die Veranstaltung war ein Erfolg.” Ob 2006 die Segler wieder in Leipzig Station machen, ließ Hanel offen. “Wir sind in der glücklichen Lage, dass sich viele Städte bewerben. Die Entscheidung fällt im Dezember.”

Die einheimischen Segelsportfreunde hoffen auf Fortsetzung. “Für uns war das eine großartige Sache”, meinte Jana Weißbach, Sportkoordinatorin des Segler-Verbandes Sachsen. Schon während der Veranstaltung habe es enorme Nachfragen gegeben, in welchen Vereinen Kinder segeln können. Auch hochkarätige Veranstaltungen sind keine Illusion mehr. “Hier können Welt- oder Europameisterschaften stattfinden”, glaubt Rodion Luka. Sollte die Zukunft des Segelns in Leipzig liegen?

Uwe Köster
© Leipziger Volkszeitung vom Montag, 4. Juli 2005 – http://www.lvz-online.de/lvz-heute/2945.html

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